Nicht nur ernten, was man selbst sät: »Urban Gardening« in Würselen

Rund zwei Kubikmeter umfasst ein Beet, genug Platz für zahlreiche Pflanzen und Blumen. Vor allem den Salat erntet Erni Parschmann regelmäßig. Ihr Mann Bernd kontrolliert derweil, wie es um den Zustand der Kräuter bestellt ist.

Foto: Nadine Tocay

 

Würselen. Ein Projekt, das erstmals in den 70er Jahren in Gemeinschaftsgärten in New York durchgeführt wurde und mittlerweile in fast jeder Großstadt in Deutschland angekommen ist, wird seit kurzem auch in Würselen realisiert: Das „Urban Gardening“, also das „Stadt-Gärtnern“.

 

 

Bei diesem Gemeinschaftsprojekt befindet sich an einem gewissen Punkt einer Stadt eine Fläche, an der jeder etwas pflanzen und ernten kann. Das soll den sozialen Zusammenhalt in einem Quartier stärken und Menschen unterschiedlicher sozialer und ethnischer Herkunft zusammenbringen. „Ich habe davon gelesen, und ich fand die Idee sehr schön“, erzählt Erni Parschmann.

Ihr Mann, Bernd Parschmann, ist stellvertretender Fraktionsvorsitzender bei B90/Die Grünen in Würselen, und trug im Ausschuss die Idee vor, auch in seiner Nachbarschaft das Stadtgärtnern einzuführen.

Das stieß auf große Zustimmung, und Ende Juni wurden in der Brunnenstraße, Ecke Scherbergerstraße drei Container aus Recyclingstoff von den Kommunalen Dienstleistungsbetrieben Würselen (KDW) angelegt, die als Beete dienen. Mit rund 970 Euro hat die Stadt die Aktion finanziert.

Seitdem werden die Beete rege genutzt. „Es gibt so zehn bis zwölf Leute, die regelmäßig kommen“, erzählt Erni Parschmann. Sie und ihr Mann wohnen direkt gegenüber. „Als die Ersten kamen, um zu pflanzen, war das total faszinierend für mich. Ich fragte, ob ich ihnen etwas bringen könne, eine Gießkanne mit Wasser zum Beispiel“, erzählt sie. Doch sie hätten alles in einem kleinen Rucksack dabei gehabt, sogar Schaufeln. Viele Anwohner kämen auch mit Kindern oder Enkeln vorbei, um ihnen zu zeigen, wie das mit dem „Urban Gardening“ funktioniere; auch Anwohner die selbst große Gärten hätten, zeigten Interesse.

Und rund sechs Wochen nach dem ersten Einsäen, können auch schon die ersten Erträge verzeichnet werden, denn mittlerweile sprießen die Pflanzen und Blumen: Lavendel, Salatköpfe, Ingwerknollen, Erdbeeren, Kürbisse, Kräuter, Spinat und Tomaten finden unter anderem Platz in den Beeten.

Ein Ziel des urbanen Gärtnerns ist es, durch die unterschiedliche Bepflanzung die Artenvielfalt – auch die alter Pflanzensorten – zu erhalten, und somit den Bestand von Bienen, Schmetterlingen und anderen Insekten zu stärken.

„Wir waren gerade im Urlaub. Als wir wieder kamen, waren die Radieschen, die wir vorher gesät hatten, weg. Die waren wohl in der Zwischenzeit reif geworden“, erzählt Erni Parschmann lachend. Und auch eine ganze Menge Salat könne man schon ernten, meint die Deutsch- und Englischlehrerin, während sie mit einer Schere vorsichtig einzelne Blätter vom Kopf abtrennt.

Gemeinschaftsgefühl stärken

Dass jeder ernten und gießen kann, was er mag, ohne es selbst gepflanzt zu haben, schreckt einige womöglich ab, ist aber ein Grundprinzip des Projektes und soll das Gemeinschaftsgefühl stärken. Auch der Austausch mit und das Lernen von anderen stehen im Vordergrund.

Wenn das Stadtgärtnern in Scherberg auch auf lange Sicht gut klappe, so sagt Bernd Parschmann, sei es nicht unrealistisch, dass solche Beete auch in anderen Stadtteilen aufgestellt werden könnten. „Bald ist die Gartensaison vorbei. Ob die Leute auch im nächsten Jahr noch so aktiv dabei sind, wird sich zeigen“, meint er.

Doch momentan packen alle kräftig mit an. Für die Triebe der Kürbisse, die mittlerweile über das Beet hinaus ragen und auf dem Rasen liegen, hat er extra ein Holzgestell gebaut, um sie zu stützen. Es wäre immer jemand vorbeigekommen, der die Triebe wieder in das Beet hineingelegt hätte, das möge der Kürbis aber gar nicht, erzählt er schmunzelnd.

Und auch die weniger schöne Gartenarbeit ist Gemeinschaftssache: „Einige bleiben beim Joggen stehen und fangen an, Unkraut zu zupfen“, berichtet Erni Parschmann und freut sich sichtlich darüber.

 

 

Konzept auch in anderen Nordkreisstädten?

In der Stadt Baesweiler gibt es ähnliche Projekte bereits in Kindergärten und Schulen. Sie werden mit dem Gartenbauverein durchgeführt, wie es hieß.

Die Stadt Alsdorf führt auch Aktionen durch, die dem urbanen Gärtnern im Kern ähneln. Einmal im Jahr können Bürger in Alsdorf auf Bürgerwiesen Obstbäume pflanzen, deren Ertrag sie ernten dürfen. Darüber hinaus gibt es 100 Paten für Bäume und Beete im Stadtgebiet, die sich um die Bepflanzung und Pflege der Flächen kümmern.

Die Stadt Herzogenrath stellt einer Gruppe Jugendlicher eine Grünfläche in Merkstein zur Verfügung, auf der sie Obst und Gemüse anbauen können. Klassisches „Urban Gardening“ gibt es in Herzogenrath jedoch nicht.

 

 

 

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