Von: Karl Stüber
Letzte Aktualisierung: 30. November 2016, 16:01 Uhr
Aber wenn beim europaweiten Ausschreibungsverfahren, bei dem ein Partner aus der Privatwirtschaft gesucht wird, der für die Stadt die Gesamtschule errichtet und dann auf 30 Jahre vermietet (Öffentlich-Private Partnerschaft; ÖPP), anderes herauskommen sollte, könnte diese Schranke fallen.
Im Februar bzw. März nächsten Jahres sollen die Angebote der derzeit noch fünf im Rennen befindlichen Bewerber auf dem Tisch liegen. Dann könnte es erneut eine Diskussion über den Kostenrahmen geben – und es könnte sein, dass der Stadtrat seine Entscheidung revidiert.
Gute Gründe genannt
Auf Nachfrage unserer Zeitung sagte der Erste und Technische Beigeordnete Till von Hoegen, dass es hierfür gute Gründe geben könnte – mit dem Ziel, unterm Strich Geld zu sparen. Wie das? „Um die tatsächlichen Kosten im Rahmen des ÖPP bewerten zu können, muss man dies auf die zu vereinbarenden 30 Jahre Laufzeit betrachten“, macht der Beigeordnete deutlich.
Es könnte sich bei den bald vorliegenden Angeboten herausstellen, dass der eine oder andere Bieter zwar bei den reinen Baukosten höher liegt als die besagten und im Würselener Haushalt derzeit festgeschriebenen 23 Millionen Euro, aber über den gesamten Vertragszeitraum – also bis die Schule an den Schulträger Stadt Würselen übergeht – die Gesamtkosten deutlich niedriger sind.
Es wäre im Sinne der Allgemeinheit, also der Bürger der Stadt Würselen, in so einem Fall den bisherigen Beschluss zu überdenken. Es könnte auch sein, dass ein Anbieter unter dem 23-Millionen-Limit bleibt, aber dafür über 30 Jahre teurer sein würde.
Im Sinne von Schule und Stadt
Till von Hoegen legt Wert auf die Feststellung, dass eine Modifizierung möglich sein muss, um eine möglichst moderne und zukunftsfähige Gesamtschule errichten zu können. Dies sei nicht nur im Interesse der Schulgemeinschaft aus Lehrern, Eltern und Schülern, sondern auch im Sinne von Würselen, um im Wettbewerb mit anderen Gesamtschulen im Umfeld bestehen zu können.
Der Grüne Michael Jochmann hatte in der jüngsten Ratssitzung eine – wie er betonte – auf offiziellen Angaben und Zahlen beruhende „Barwertrechnung“ für einen Neubau und für die Variante Ertüchtigung der auslaufenden Realschule Tittelsstraße vorgelegt. Dort war er zu dem Schluss gekommen, dass auf 30 Jahre gerechnet und inklusive weiterer Nebenprojekte die Gesamtkosten für den Neubau bei 42,7 Millionen Euro liegen, die für die „runderneuerte“ und erweiterte Realschule bei 41,9 Millionen Euro liegen.
„Somit käme der Neubau mittels ÖPP-Verfahren ‚nur‘ um 0,8 Millionen Euro teurer, allerdings glaubt spätestens seit den Untersuchungsergebnissen zu den Altlastenverdachtsflächen (auf dem Baugrund Krottstraße, d. Red.) niemand mehr an die 23 Millionen Euro Baugesamtkosten“, betonte Jochmann gegenüber unserer Zeitung. Seine Schlussfolgerung: „Und das rückt die Gebäude an der Tittelsstraße jetzt auch für Teile der großen Koalition wieder ins Blickfeld...“
Jochmann legte nach: „Und bei all den Berechnungen sind die bisher seitens der Planung für den Neubau ignorierten Mehrkosten für Regenrückhaltung, den Kreisverkehr Friedrich-/Wilhelm-/Krottstraße sowie den potenziellen Eigenkapitalverlust noch gar nicht berücksichtigt!“ Von Hoegen erkennt die Fleißarbeit Jochmanns ausdrücklich an, allerdings komme die Verwaltung – auch nach eingehender Überprüfung der Rechnung des Grünen – nicht zu demselben Schluss.
Der Technische Beigeordnete bestätigte, dass die Stadt Würselen den Baugrund für die Krottstraße als „fertiges Grundstück“ dem ÖPP-Partner zur Verfügung stellen will. Heißt: Die mögliche Sanierung von Altlasten müsste die Stadt übernehmen. Das sei aber eingepreist. Würde man diese Aufgabe dem privaten Partner überlassen, würde dieser aller Wahrscheinlichkeit nach sehr hohe Risikoaufschläge in sein Angebot aufnehmen. Auch in diesem Falle würde es unterm Strich für Würselen teurer werden.
Lüftungsanlage notwendig?
Zu dem Emissionspotenzial der nahen Kreisstraße 30 merkte von Hoegen gegenüber unserer Zeitung an, dass dies den Bewerbern bekannt sei. Es komme auf die Anordnung des Gebäudekomplexes und die Verteilung der Nutzungsarten der Räume an. Heißt: Der Technische Beigeordnete sieht an der Front zur Straße Unterrichtsräume nicht an erster Stelle. Wenn Bieter anders planten, müssten sie eine Lüftungsanlage einplanen, wenn Fenster im Sommer wegen des Verkehrs auf der K 30 nicht geöffnet werden könnten.
In der öffentlichen Sitzung des Umwelt- und Stadtentwicklungsausschusses am Donnerstag im Rathaus auf dem Morlaixplatz, Beginn 17.30 Uhr, geht es um den Beschluss zur Offenlage des Bebauungsplanes 218 im Bereich Krottstraße, also den Gesamtschulneubau.
„Es werden auf diese Weise die Unterlagen nochmals für vier Wochen öffentlich ausgelegt, so dass alle Betroffenen und Interessierten nochmals ihre Anregungen und Bedenken einbringen können“, sagte von Hoegen. Mit dem Ergebnis werde sich der Stadtrat beschäftigen.